Wie viel Frankreich steckt in Potsdam?

Diese Frage erklärte uns ein Guide des Museums Barberini auf einer virtuellen Live-Tour am 17. Februar 2022. Er bezeichnete die Stadt als „Aemulatio“, Nachahmung, weil viele Gebäude Vorbildern aus der Kunst nacheifern. Dies entsprach dem Zeitgeist und dem Credo ihres vorrangigen Erbauers, Friedrich II. von Preußen (1712-1786), genannt der Große, obwohl er selber nur 1,62m maß.

Unsere Führung beginnt am Alten Markt (Foto 1). Friedrich II.  ließ das alte Stadtschloss im Stile des französischen Rokoko um-  und das Palais Barberini nach einem römischen Palazzo erbauen (beide Bauten wurden im 2. Weltkrieg zerstört und erst vor kurzem wieder aufgebaut); er ließ einen Obelisk nach ägyptischem Vorbild aufstellen; er holte Holländer und Russen  in die Stadt und ließ sie ihre landestypischen Häuser errichten, und er bot denn auch den aus Frankreich fliehenden Hugenotten eine neue Heimat. Dazu gehörten auch Kirche und Schule … erstere „besuchen“ wir als nächstes (Foto 2) und können auch einen virtuellen Blick ins Innere des kleinen Rundbaus werfen.

Wir erfahren, dass Friedrich der Große – wie damals in der Aristokratie üblich – nur Französisch sprach, las und schrieb, letzteres auch in intensivem Schriftwechsel mit Voltaire, der später an seinen Hof kam, mit dem er sich dann aber zerstritt. Voltaire ist am Haveluferweg eine Gedenktafel gewidmet.

Aus seiner Vorliebe für alles Französische erklärt sich also auch die Namensgebung seines Refugiums, des Sommerschlosses „Sans Soucis“, dessen Bibliothek fast ausschließlich mit französischen Büchern und die Galerie vorrangig mit französischen Malern bestückt war und ist. Der unterhalb der Weinberg-Terrassen vor dem Schloss liegende Park-Teil heißt Französisches Rondell, ausgestattet mit vielen Statuen, Geschenk des französischen Königs Louis XV., teils auch Werk französischer Künstler. Sich kreuzend symbolisieren sie die Achse der Philosophie und die Achse militärischer Macht (Foto 3).

Ursprünglich beigesetzt wurde der Alte Fritz in der Gruft unter der Garnisonkirche … auch hierhin führt unser Weg, denn als Napoleon 1806 in Potsdam einzieht, zollt er dem König Respekt, indem er das Grab besucht.

Nach 1 ½ Stunden schaffen wir es zwar nicht mehr, ein Fassadenstück des Pariser Palais des Tuileries zu sehen, sind aber voller Informationen und Anregungen für einen nächsten “richtigen” Ausflug nach Potsdam!